(dh) Ein Kind? Na klar. Seit ich meinen Mann kenne, war dieser Wunsch schon immer da. Journalistin sein? Na klar. Seit meinem ersten Praktikum bei einer Lokalzeitung wollte ich diesen Beruf leben. Geht beides zusammen? Na klar, war für lange Zeit meine naive Antwort.

Und dann startete ich schwanger in meine Selbstständigkeit. Als ich die Nachricht von meinem persönlichen Familienglück erhielt, konnte ich mich nicht freuen. Wie soll ich das nur schaffen? Im ersten Berufsjahr meiner Freiberuflichkeit. Ein halbes Jahr Zeit, um Auftragskunden außerhalb der Pauschalistenstelle zu akquirieren, Rücklagen zu bilden, in die Künstlersozialkasse zu kommen und irgendwie den Steuer-. Versicherungs- und Buchhalter-Durchblick zu bekommen im Freien-Dschungel. Um es an dieser Stelle deutlich zu sagen: Ich wollte nie selbstständig arbeiten. Das Ende des Volontariates brachte aber auch keine wirkliche Alternative für mich.

Und nun ein Baby. In der Schwangerschaft schuftete ich panisch bis über den Mutterschutz hinaus, um der Existenzangst etwas entgegenzusetzen. Dank meines Mannes wäre das gar nicht nötig gewesen, aber um meiner Selbst Willen musste es sein. Ich konnte und wollte nicht zulassen, dass das Kind meine Karriere beendete noch bevor sie begann. Kann man sich so auf ein kleines Wunder freuen? Wohl kaum.

Die DJV-Umfrage unter freien Journalisten ergab, dass die Anzahl der Freiberufler unter 30 Jahren in Thüringen doppelt so hoch ist als im Bundesdurchschnitt. Wundert mich nicht. Nach dem Volontariat oder Studium heißt es in Thüringen erst einmal vogelfrei um die Existenz kämpfen. Die wenigsten wollen da noch Familie gründen, geschweige denn in Thüringen bleiben. Dafür spricht auch das Ergebnis der Umfrage. Über 68 Prozent haben Kinder, 70 Prozent der Eltern haben erwachsene Kinder. 77 Prozent arbeiten wegen der Kinder nicht weniger. Die sind in den meisten Fällen ja auch schon erwachsen, wohnen vielleicht nicht mehr im Elternhaus.

An der Umfrage nahmen leider nur sehr wenige Freie teil. Die Ergebnisse sind Schlaglichter, einzelne Aussagen und nicht repräsentativ. Dennoch stecken interessante Einblicke in den Antworten. Die Themen Kinderbetreuung und Arbeitszeit spielen etwa kaum eine Rolle, denn sie scheinen für die Befragten nicht mehr relevant. Bedenkt man die Anzahl der Freien unter 30 Jahren, schließe ich daraus, dass kaum einer in gerade dieser Gruppe Kinder hat. Dafür sprechen auch andere Ergebnisse. Die Mehrheit der Freien arbeitet zum Beispiel nachts und am Wochenende, einige sogar im nicht bezahlten Urlaub. Hat die Gruppe der unter 30-Jährigen, freiberuflichen Journalisten Kinder, so weiß ich nicht, wer mir mehr leidtun sollte. Die Kinder oder die selbstständigen Elternteile.

Nach meiner Elternzeit bin ich wieder in den Beruf eingestiegen. Ideen habe ich viele. Sie brauchen viel Einsatz, Mut, Ausdauer und die Bereitschaft, auch einmal zu scheitern. Gleiches gilt auch für die Erziehung meines Kindes, die mit meinem Berufseinstieg ja nicht aufhört. Ich bin gespannt, wo ich für alles die Kraft hernehmen werde.

Es wird erwartet, dass ich mich wieder reinhänge wie vor und in der Schwangerschaft. Neun bis zehn Stunden am Tag, auch am Wochenende. Das wird nicht gehen. Kinder werden krank und damit auch die Eltern. Ich werde diejenige sein, die das abfedern wird, denn mein Mann sorgt für unseren Lebensunterhalt.

Ausschließlich Mutter sein, will ich nicht. Ich will eine gute Mutter sein und dazu gehört für mich ein Beruf, der mich ebenso erfüllt wie das Lächeln meines Kindes. Journalismus ist und bleibt ein Traumberuf für mich. Aufgeben will ich ihn (noch) nicht wie viele andere. Das klingt für manch einen vielleicht naiv. Ich aber habe gelernt, dass es sich lohnt, naiv an manche Dinge zu gehen. Sonst hätte ich mich nie getraut, meinen Kinderwunsch anzugehen. Ich hätte dann nicht dieses wunderbare Wesen um mich, das mir den Tag bereichert und zeigt, dass es Wichtigeres gibt als diffuse Existenzängste. Bereut habe ich den Schritt nie.

Ich schaue meinem Kind zu, wie es gerade laufen lernt. Ein Tapser nach dem anderen. Vorsichtig, wackelig und mit Stürzen verbunden. Es steht immer wieder auf und macht weiter. Schritt für Schritt. So werde ich es auch machen. Ja, mein zehn Monate altes Kind ist mir ein gutes Vorbild für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir lernen quasi beide. Ganz naiv, ganz ohne Angst.

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